So schön ist es im Bergischen Land

Das "Meätensingen"


Überall in Deutschland finden am Tag von Sankt Martin große Martinszüge statt, bei denen singende Kinder mit Laternen  dem Sankt Martin auf dem Pferd folgen, um seine gute Tat zu feiern. Im Bergischen Land wird das natürlich auch so gemacht. Aber hier gibt es auch noch einen anderen Brauch, das "Meätensingen" (Martinssingen). Und der ist viel, viel fröhlicher:

Am 10. November, dem Abend vor Sankt Martin, gehen die Kinder, oft in Begleitung ihrer Eltern,  in der Nachbarschaft mit ihren Laternen von Haus zu Haus. Hier werden Martinslieder gesungen und die Kinder bekommen an jeder Haustür Süßigkeiten, kleine Geschenke und Obst in die mitgebrachten Taschen gesteckt. Die Eltern haben oft ein "Pinnchen" dabei. Das ist ein kleines Schnapsglas. Darin bekommen sie von ihren Nachbarn ein Gläschen Likör oder Schnaps ausgeschenkt, um gemeinsam auf St. Martin zu trinken und sich zu wärmen. Meistens gibt es an jeder Haustür ein anderes geistiges Getränk. Wenn die Runde durch die Nachbarschaft beendet ist, haben die Kinder prall gefüllte Einkaufstüten und die Eltern und die Nachbarn sind in sehr fröhlicher Stimmung. Am nächsten Morgen drückt den Kindern der Magen und den Eltern dröhnt der Kopf.

Das oben beschriebene Meätensingen, wie es noch in den achtziger Jahren üblich war, ist aber in letzter Zeit nicht mehr so verbreitet. Nur noch in wenigen Ortschaften wird es so gemacht. Die meisten Kinder kommen heutzutage ohne ihre Eltern, und sie singen "Laterne, Laterne" oder "Sankt Martin". Das alte bergische Martinslied, das auf Plattdeutsch gesungen wird, ist schon fast vergessen. Der Text ist  von Ort zu Ort etwas unterschiedlich, genau wie der bergische Dialekt. Hier ist der Text, wie wir ihn als Kinder in Wermelskirchen gesungen haben.


Dat Meätenlied
Das Martinslied, Übersetzung in Hochdeutsch

Meäten, Meäten, Jood Mann,

der us jood jätt doon kann,
de Äppel un de Bieren,
Nösse jonnt noch mit dodropp.

Frau jeevt jätt, Frau hault jätt,
vör anger Joohren ooch jätt.
Frau lott us nit so lang hie stohn,
wir hant noch en wieden Wesch te joon.

Van hie bis öwwer de Wupper
Mouwen mössen wer dröwwer fuppen.
Fupp - fupp -fupp

Hie wönnt en rieker Mann,
der jood jätt jeven kann.
Selig sall hä leven,
selig sall hä sterven,
et Hemmelriek ererven.

Die Frau, die kömmt vam Ohler raff,
und grippt ens en den Nössesack
un tatscht ooch nit daneven.
Se will ons all jätt jeven.

Meäten jood, Meäten jood, Meäten jood.
 

Martin, Martin, guter Mann
der uns gut was geben kann.
Die Äpfel und die Birnen,
Nüsse gehn noch mit darauf.

Frau gebt was, Frau behaltet was.
Für andere Jahre auch was.
Frau, laßt uns nicht so lang hier stehn,
wir haben einen weiten Weg zu gehn.

Von hier bis über die Wupper,
morgen müssen wir drüber hopsen.
Hops - hops- hops.

Hier wohnt ein reicher Mann
der gut was geben kann.
Selig soll er leben,
selig soll er sterben,
das Himmelreich ererben.

Die Frau kommt vom Speicher herab
und greift mal in den Nüssesack.
Und greift auch nicht daneben
sie will uns allen was geben.


Guter St. Martin, guter St. Martin, guter St. Martin.



Wenn man reich beschenkt worden war, sang man: "Wir jonnt jetzt öwwer de Planken un donnt us och bedanken". (Wir gehen jetzt über die Schwelle und bedanken uns auch.)

Hatte man nichts bekommen, wurde gesungen: "Dat Huus dat steht op Kollen, der Döüiwel sall et hollen". (Das Haus, das steht auf Kohlen, der Teufel soll es holen.)

Oder manche Kinder sangen auch etwas derber: Dat Huus dat steht op Sterken, hie wonnen en paar jizzije Ferken. (Das Haus, das steht auf Stützen, hier wohnen ein paar geizige Schweine.) Wenn man weiterging, rief man dann noch ein paar mal: "Jizzhals, Jizzhals!" Das heißt auf Hochdeutsch Geizhals, Geizhals!


Außer dem Brauch des Meätensingens gibt es noch eine weitere schöne Sitte: das Martinsfeuer. Nachdem die Martinszüge beendet sind, werden aus dürren Zweigen vom herbstlichen Heckenschnitt und Kartoffelstroh große Reisighaufen aufgeschichtet und dann die Feuer angezündet. Danach werden  einige der wenige Wochen vorher geernteten Kartoffeln an Stöcken ins Feuer gehalten und geröstet. Dabei wird gesungen und heißer Tee oder Glühwein getrunken. Wenn das Feuer heruntergebrannt ist, werden die restlichen Kartoffeln in die Glut gelegt und gegart.