So schön ist es im Bergischen Land

Bergische Weihnacht


Wenn man an Weihnachten denkt, dann meistens zuerst an den Weihnachtsbaum. Dieser festliche Schmuck ist aber noch gar nicht so lange in Bergischen Stuben zu finden. Vor der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert  war er noch sehr selten anzutreffen. Üblich war als Schmuck bis in die zwanziger Jahre hinein anstatt des Weihnachtsbaumes eine sogenannte "Chrestkruun", d.h. Christkrone. Das war ein Gestell aus Eisendrahtgeflecht - ähnlich aufgebaut wie ein sehr hoher Kronleuchter, der mit Tannengrün und Weihnchtsschmuck, manchmal auch mit Kerzen verziert wurde. Er hing über einem Tisch unter der Decke, und auf dem Tisch lag ein Spiegel, in dem sich die Christkrone spiegelte. Ärmere Leute holten sich oft einfach ein paar frische Nadelbaumzweige ins Haus.

Nach den 20er-Jahren gingen aber immer mehr Menschen dazu über, einen Weihnachtsbaum aufzustellen. Dieser Baum wurde festlich geschmückt. Häufig mit Nüssen, Tannenzapfen, Äpfeln, Sirupplätzchen und Zuckerkringeln (leckere ringförmige Plätzchen mit Hagelzucker), dazu wurden Sterne aus Stroh gebunden. Für die Bescherung wurden einige Kerzen im Baum befestigt und die Zuckerplätzchen wurden geplündert.  Bei vermögenderen Leuten gab es damals als Schmuck silberne Kugeln, Glocken und Zapfen, Engelchen und kleine Trompeten, eine prunkvolle Baumspitze und Ketten aus Glas, Stanniol-Lametta, Engelshaar und natürlich viele echte Wachskerzen. Der silberne Schmuck war von den dreißiger Jahren bis zum Anfang der sechziger Jahre überall in Deutschland modern. Einen typisch bergischen Baumschmuck gibt es nicht.

Der Weihnachtsbaum wurde, sofern man einen hatte, in die gute Stube gestellt, wo er sich sehr lange frisch hielt. Dieses Zimmer wurde ja nur zu besonderen Gelegenheiten geheizt, an normalen Tagen hielt sich die Familie in der Stube (Wohnküche) auf. So durfte mancher Weihnachtsbaum noch die Karnevalszeit erleben. Von einer meiner Urgroßtanten heißt es, sie habe den Baum immer erst an Karfreitag abgeschmückt. Nach dem Abschmücken wurden viele der Tannen oder Fichten im Garten mit dem Stamm fest in ein Beet gesteckt, um als Klettergerüst für Kapuzinerkresse oder andere rankende Pflanzen zu dienen. Im Bergischen Land wird eben nichts verschwendet.

Die Bescherung fand früher üblicherweise nicht schon am Heiligabend statt, sondern am Morgen des ersten Weihnachtstages. An Heiligabend mussten die meisten Menschen im Bergischen Land noch bis zum Nachmittag arbeiten. Dann gab es meistens vom Arbeitgeber neben dem normalen Wochenlohn noch einen geringen Geldbetrag. Dieses Geld wurde "Christkindchen" genannt, weil damit eine kleine Freude zum Weihnachtsfest gekauft werden konnte.

Gleich nach der Arbeit zog man los, um kleine Gaben oder etwas leckeres zum Essen für die Familie zu kaufen. Die Geschäfte hatten oft bis Mitternacht geöffnet, so dass auch damals Zeit war, die Einkäufe zu machen. Beglückt kam man mit ein paar Orangen, einem guten Stück Fleisch, Speck oder Würsten für das Weihnachtsessen und einem Pfund Kaffee nach Hause. Die Bescherung für die Kinder fand aber erst am ersten Weihnachtstag statt. Heiligabend wurde nur der Weihnachtsgottesdienst besucht oder man hörte den Weihnachtsbläsern zu.

Um Mitternacht spielten nämlich in vielen Städten , Dörfern und Hofschaften Weihnachtsbläser ihre Lieder. In größeren Städten erklang die Musik meist vom Rathausturm und die Menschen trafen sich dort. In kleinen Dörfern und Hofschaften gingen  Männer mit ihren Trompeten und Posaunen von Haus zu Haus. Überall gab es eine Kleinigkeit für die Musikanten. Oft war diese Gabe ein Schnaps. Auch mein Großvater machte jedes Jahr mit seiner Trompete mit anderen Musikern so eine Runde. Die Lieder waren weithin zu hören, so dass sich jeder daran freuen konnte. Man wußte genau, wenn die Runde bald vollendet war: Immer dann, wenn die Töne schon etwas schräg  klangen, hatten die Musiker die letzten Häuser erreicht. Inzwischen wollten die Kinder oft gar nicht einschlafen. Neugierig lauschten sie. War das Christkindchen etwa schon in der Stube? Was würde es bringen?

Die Geschenke bringt hier  traditionell das Christkind, wobei damit nicht das Jesuskind gemeint ist.  Unter dem Christkind stellte man sich hier üblicherweise ein hübsches junges blondes Mädchen vor, das die Weihnachtsgaben brachte. Den Weihnachtsmann kannte man hier nicht .

Richtiges Kinderspielzeug konnten sich früher nur ganz reiche Leute leisten. In den ärmeren Familien wurde oft nur die schon vorhandene Puppe eingekleidet, die Puppenstube neu tapeziert und angestrichen oder ein älteres Spielzeug, dass nicht mehr so schön war, neu instand gesetzt. Oder es gab preiswerte Blech- oder Holzartikel, wie z.B. einen Kreisel oder Diabolo, oder ein Steckenpferd. Dazu gab es, oft zum einzigen Mal im Jahr, die am Vortag gekauften Apfelsinen und einige Plätzchen. Trotzdem freuten sich die Kinder am nächsten Morgen über ihre Geschenke und die Erwachsenen labten sich an einem guten Essen und einem appetitlich gedeckten Kaffeetisch mit Waffeln und gutem Bohnenkaffee.

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